Die goldenen Zeiten der Digitalisierungsförderung sind vorerst vorbei: Programme wie „go-digital“ und „Digital jetzt“ sind ausgelaufen, einige regionale Fördertöpfe sind fast leer. Dennoch kann sich der Griff nach staatlichen Zuschüssen lohnen – wenn man weiß, wie.
Sind Fördermittel ein Geldsegen oder doch nur bürokratischer Aufwand, der sich kaum lohnt? Bei dieser Frage müssen Unternehmen sinnvoll abwägen.
(Bild: Canva / KI-generiert)
Eine IT-Analyse für 3.000 Euro – oder doch nur 1.750 Euro? Das Beispiel verdeutlicht, warum sich deutsche Unternehmen die Finger nach Fördermitteln lecken. Doch während früher 80 Prozent Zuschuss fast schon ein Selbstläufer waren, gestaltet sich der Goldfund heute schwieriger. „Wir warten alle noch auf gute neue Förderprogramme für Digitalisierung. Da ist noch nichts Wesentliches passiert“, fasst Dennis Miketta, Geschäftsführer Mediencenter Oberhausen, zusammen. Der Fördermittelexperte berät fast 30 Synaxon-Partner bei der Beantragung von Zuschüssen – und erlebt hautnah, wie sich die Förderlandschaft gewandelt hat.
Fördertöpfe teilweise ausgeschöpft
Derzeit gibt es vor allem Förderprogramme der Bundesländer, „beispielsweise bis zu 15.000 Euro für die IT-Sicherheit, die bis zu 50 Prozent förderbar sind“, so Miketta. Das Problem dabei: Die Fördertöpfe sind mittlerweile leer und in einigen Bundesländern läuft die Vergabe über ein Losverfahren. „Das ist dann überhaupt nicht mehr planbar“, gibt Miketta zu bedenken. In Nordrhein-Westfalen zeigt sich der Wandel: „Vor anderthalb Jahren konnte die IT-Sicherheitsförderung jederzeit beantragt werden. Es gab kein Losverfahren und der Kunde hat 80 Prozent seiner Investition zurückbekommen“, erinnert sich Miketta. „Dann wurde es reduziert auf 60, dann auf 50 Prozent und schließlich auf ein Losverfahren umgestellt. Danach wurden die Lose jeden Monat weiter runtergesetzt.“ Der Süden sei besser aufgestellt – in Bayern gibt es noch keinen Lostopf.
Bundesweite Fördermittel sind ausgelaufen – doch die Nachfrage steigt
Anna Kilger, Abteilungsleitung Industrie und Innovation bei der IHK Schwaben, bedauert: „Die Bundesprogramme go-digital und Digital jetzt sind nun ausgelaufen und werden wegen knapper Mittel im Bundeshaushalt nicht wieder aufgelegt.“ Dabei wären neue Fördermittel wichtiger denn je. Das Interesse sei höher als früher aufgrund der „zunehmenden Bedrohungslage im Bereich IT-Kriminalität, die wachsenden Anforderungen an digitale Geschäftsmodelle und die zunehmende Professionalisierung bei der Implementierung von KI-Lösungen“, begründet die IHK-Expertin. Konkret nimmt Kilger derzeit eine hohe Nachfrage bei „Prozessdigitalisierung durch Branchensoftware, IT-Sicherheit wie Firewalls und Backup-Systeme sowie Datensicherung und ERP-Systeme“ wahr.
Dennis Miketta, Geschäftsführer des Mediencenter Oberhausen „Wir verkaufen nicht über Fördermittel, sie sind Bonus und zusätzlicher Anreiz. Der Kunde soll erst mal verstehen, warum eine Dienstleistung oder ein Projekt für ihn wichtig ist.“
Bildquelle: www.NAS.Party
Martin Trappe, Geschäftsführer der TTG Daten- und Bürosysteme, bestätigt das Interesse. Das Unternehmen berät ebenfalls zu Fördermöglichkeiten, bietet Potenzialanalysen zur Förderfähigkeit und begleitet viele Programme. Er führt die Nachfrage auf die schwierige wirtschaftliche Lage und geringe Investitionsbereitschaft der letzten Monate zurück: „IT-Themen lassen sich nur sehr begrenzt in die Zukunft verschieben, denn es entsteht schnell ein Investitionsstau.“ Dabei verlagert sich der Fokus nun von der Digitalisierung auf IT-Sicherheit. Die Gründe: Cloud-Nutzung und eine höhere Gefahrenlage. „Nicht nur der Schutz der eigenen Infrastruktur wird angegangen, vor allem sind die Einführung besserer Datensicherungskonzepte, Lösungen für Hochverfügbarkeit, aber eben auch die Einführung von Awareness-Maßnahmen für die eigenen Mitarbeiter hier zentrale Bestandteile“, erklärt der Geschäftsführer.
Dennoch viele Fördermöglichkeiten vorhanden
Wenn es nun um die verbliebenen Programme geht, steht KI hoch im Kurs. „Insbesondere im Digitalbonus Plus werden Projekte mit innovativem KI-Einsatz gefördert“, erklärt Kilger. „Beispiele sind intelligente Datenanalyse zur Verbesserung betrieblicher Entscheidungen, KI-gestützte Chatbots bei eigenständiger Entwicklung oder Retrieval-Augmented-Generation für Supportsysteme.“
Die KfW-Programme ERP-Förderkredit Digitalisierung und ERP-Förderkredit Innovation setzen auch auf Zukunftstechnologien und versprechen höhere Förderung sowie Aufhebung des Mindestkreditbetrags. Ergänzt werden sie durch den ERP-Förderzuschuss. Trappe nennt zudem die BMBF-KI-Förderung, das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand, entsprechende Forschungszulagen oder spezielle Programme der einzelnen Bundesländer wie die L-Bank in Baden-Württemberg.
Professionelle Hilfe holen (Fördermittelberater einschalten)
Bei Losverfahren: mehrere Anträge parallel stellen
Plan B entwickeln (Projekt auch ohne Förderung umsetzen)
Ferner wurde „durch die Verabschiedung des Investitions-Boosters durch die Bundesregierung ein steuerliches Investitionssofortprogramm beschlossen. Es bietet die Möglichkeit der degressiven Abschreibung (30 % pro Jahr) und wirkt nicht direkt auf die Digitalisierung ein“, erklärt Trappe.
Zusätzlich nennt er die Sonderabschreibung für digitale Wirtschaftsgüter von 20 Prozent. Auch Beratungsleistungen zur Vorbereitung und Durchführung von Produkt- und technischen Verfahrensinnovationen werden mit den Innovationsgutscheinen Go-Inno bezuschusst. Das Angebot richtet sich an KMU mit maximal 100 Beschäftigten und 20 Millionen Euro Jahresumsatz.
Stand: 20.11.2020
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Viele Themen weiterhin nicht abgedeckt
Dennoch blieben Bereiche wie die Förderung von Standard-Hardware, also Laptops oder Monitore, unberücksichtigt, erklärt Kilger. Ebenso seien Online-Marketing oder Webseiten nicht förderfähig. „Zudem sind Cloud-Kosten und Lizenzgebühren über 18 Monate hinweg nicht zuwendungsfähig, was bei modernen SaaS-Modellen ein Problem darstellt.“ Trappe ergänzt: Die Cloud-Migration werde „durch bestimmte Förderprogramme eher zufällig tangiert“, Cloud-Nutzung sei jedoch unabdingbar. Und „allein der Wegfall des Programms ‚Digital Jetzt‘ reduziert die Möglichkeiten der finanziellen Unterstützung deutlich. Es war eines der wenigen Programme, die auch die Förderung von Hardware möglich gemacht haben.“ Auch bei Weiterbildungen sei noch Luft nach oben – insbesondere für IT-Sicherheit und Cybersecurity. „Diese Punkte könnten durch entsprechende Förderprogramme noch stärker in den Fokus gerückt werden“, wünscht sich Trappe.
Der Aufwand kann sich lohnen
Trotz Unwägbarkeiten lohnt sich der Förderantrag mit erfahrenem Partner. Mikettas Rechenbeispiel: „Eine IT-Analyse, die wir bei Neukunden durchführen, kann den Kunden durchaus 3.000 Euro kosten. Dazu berechnen wir dem Kunden 500 Euro für die Dienstleistung der kompletten Fördermittelberatung von der Antragstellung bis zu den Berichtserstellungen.“ Die Hälfte des Gesamtbetrags könnten Antragsteller aber zurückerhalten. Zudem gibt es förderfähige Bereiche wie Investitionen zum „Datenschutz, Datenschutz-Audits oder die digitale Marketingerschließung – mit Social-Media-Auftritt oder Website – das Feld Digitalisierung ist recht groß“, zählt Miketta auf.
Martin Trappe, Geschäftsführer TTG Daten & Bürosysteme „Allein der Wegfall des Programms ‚Digital jetzt‘ reduziert die Möglichkeiten der finanziellen Unterstützung sehr deutlich.“
Bildquelle: TTG Daten- und Bürosysteme
Kilger sieht es ähnlich: „Für Unternehmen, die Investitionen in Digitalisierung oder IT-Sicherheit ab ca. 4.000 Euro netto planen, lohnt sich der Aufwand in der Regel definitiv. Der Antrag ist online gut strukturiert, die Förderquote von 50 Prozent (max. 7.500 bzw. 30.000 Euro bei Digitalbonus Plus) ist attraktiv.“ Jedoch bedarf es einer guten Planung, „um formale Fehler zu vermeiden.“
Trappe differenziert: Die Anforderungen und Voraussetzungen der Programme seien unterschiedlich: einige aufwendig (BAFA-Programm) andere unkomplizierter (Digital Bonus). „Je nach Förderhöhe sind verschiedene Programme daher eher als uninteressant einzustufen. Ebenso kommt es auch darauf an, wie Bearbeitungs- und Vorlaufzeiten der Programme sind. Wenn ich mit ein bis zwei Jahren Vorlaufzeit planen muss, weil Genehmigungen so lange brauchen, wird das Programm uninteressant.“ Der Aufwand bei Förderungen unter 30 Prozent würde sich wirtschaftlich kaum rentieren, „wenn die Fördersummen insgesamt dann auch noch gering sind“. Ein Überprüfen der Möglichkeiten lohne sich laut Trappe dennoch.
Förderung als Anreiz und nicht als Investitionsgrund
Für IT-Dienstleister wie Miketta ist aber klar, dass Fördermittel nicht der Grund für eine Investition, sondern „Bonus und zusätzlicher Anreiz“ sein sollten. „Der Kunde soll erst mal verstehen, warum eine Dienstleistung oder ein Projekt für ihn wichtig ist.“ Dennoch rät er, diese Möglichkeiten auszuschöpfen. „Erhält das Projekt keine Fördermittel, dann setzen wir es ohne zusätzliche Mittel um – dann hat es halt nichts gekostet.“ Das ist wichtig, denn „viele haben Angst vor der Bürokratie – und das ist ja durchaus auch gerechtfertigt.“ KMU und Dienstleister mit wenigen Mitarbeitenden hätten in der Regel keine Förderspezialisten, weiß Miketta.
Anna Kilger, Abteilungsleitung Industrie und Innovation bei der IHK Schwaben „Für Unternehmen, die Investitionen in Digitalisierung oder IT-Sicherheit ab circa 4.000 Euro netto planen, lohnt sich der Aufwand in der Regel definitiv.“
Bildquelle: IHK Schwaben
Dennoch: Die Bedeutung von Fördermitteln wird nicht nachlassen. „Man sieht zum Beispiel bei IT-Lücken und gehackten Unternehmen, die Awareness bei Kunden im Mittelstand ist da, nur scheuen sich viele vor den Maßnahmen, vor den Investitionen“, so Miketta. „Und Fördermittel sind da wirklich eine gute Methode, um Unternehmen auf sichere Beine zu stellen. Und die Notwendigkeit, dass Unternehmen in Deutschland auf sicheren IT-Beinen stehen, wird in Zukunft nicht nachlassen.“ Das heißt, auch wenn die goldenen Zeiten der Förderung vorerst vorbei zu sein scheinen – ganz verschwunden sind die staatlichen Zuschüsse noch lange nicht.